Campanile Venedig

El paròn de casa

... so wird der Turm von den Venezianern liebevoll genannt. Und das ist noch nicht einmal übertrieben.

Denn der Campanile ist verantwortlich für den Schatten, in dem der Venezianer gern ein schnelles Gläßchen Wein düdelt, oder auch zwei. Nicht zufällig heißt es im venezianischen Dialekt bere un'ombra (wortwörtl. "einen Schatten zu trinken"). So gesehen ist die Freude groß, denn zahlreich sind die Kirchtürme im Veneto.

Als Stadt, die sich am besten vom Meer ankommend erschließt, grüßte der Campanile einst die heimkehrenden Seefahrer, heute überwiegend die ankommenden Touristen. Allein das Fundament des Campanile (~ 90 Meter hoch, 11 Meter breit) auf dem Markusplatz Venedigs ruht auf 100.000 Baumstämmen. 

Der Campanile wird und wurde auf vielfältige Art genutzt. Er ist gewissermaßen ein allegorischer Spiegel des Lebens in Venedig.
Mitunter diente er sogar als Folterinstrument für Mitglieder des Klerus, die sich etwas zu Schulden hatten kommen lassen.
Die Strafe suplissio dea cheba bestand darin, einen Käfig mit den Verurteilten im Inneren des Campanile aufzuhängen und die delinquenti darin verschimmeln zu lassen.
Gerüchte, man habe diese Tradition beibehalten und lediglich durch modernen Aufzug mit hohen Eintrittspreise ersetzt, entbehren jeder Grundlage.

5 Glocken

Was dem Wiener seine Pummerin ist dem Venezianer die Marangona. Insgesamt fünf Glocken haben den Einsturz des Kampanile 1902 überlebt:

  • La Marangona 
    Ertönt zweimal täglich, einmal zu Mittag und um Mitternacht. Sie ist benannt nach den marangoni, den Schreinern, den in Venedig im Zusammenhang mit dem Schiffsbau natürlich eine besondere Bedeutung zukam.
    Und auch zum Karneval: Mit der Marangona wird er ausgeläutet.
  • Il Maleficio 
    Wurde geläutet zu Hinrichtungen (heutzutage eher selten)
  • La Trottiera 
    Ertönte, um den Magistrat in den Palazzo Ducale zu rufen.
  • La Nona 
    Wurde zur neunten Stunde geläutet.
  • Il Pregadi 
    Kündigte die Treffen des Senats an.

Über der Glockensektion befindet sich ein Würfel, dessen Seiten abwechselnd zwei sich bewegende Löwen und die Frauenfiguren von Venedig zeigen. Gekrönt wird die Spitze mit einer vergoldeten Statue des Erzengels Gabriel (erschaffen von Luigi Zandomeneghi).

Öffnungszeiten

Campanile Venedig

Öffnungszeiten Täglich von 10.00 bis 19.30 Uhr geöffnet (letzter Einlass: 19.00 Uhr)
Bei ungünstigen Wetterbedingungen (Nebel, starker Wind, starke Kälte) wird der Glockenturm geschlossen.
Eintritt 10 EUR, kostenlos für Kinder bis 6 Jahre.
Haltestelle San Marco
Telefon +39 041.2708311
www Basilicasanmarco.it

14. Juli 1902

il crollo

Am 13. Juli 1902 passiert es: Das Mauerwerk im mittleren Teil zeigte plötzlich Risse. Die Umgebung wurde in weiser Voraussicht abgesperrt. Am 14. Juli stürzte der Campanile ein. Wie durch ein Wunder kamen weder Personen noch die umliegenden Gebäude zu Schaden.

Durch eine wundersame Fügung - man bedenke die damalige Kameratechnik - existiert tatsächlich ein Photo des einstürzenden Campanile von 1902.

Eigentlich niemand - so heisst es - außer der Katze des Hausmeisters.

Für die Wiedererrichtung des kollabierten Turms spendete unter anderem ein reicher Amerikaner allein 1/2 Mio. Goldlire (~ 1 Mio. Euro). Am 25. April 1912, demselben Tag der Grundsteinlegung des alten Turmes im Jahr 912, wurde er - visionär mit einem Aufzug versehen - feierlich wieder eingeweiht.

Kleine Anekdote am Rande
Derselbe Campanile ist es, auf den Kaiser Friedrich III. im Anschluß an einen Empfang beim Dogen mit seinem Schimmel die Treppe hinaufritt (damals hatte der Turm noch eine Wendeltreppe), um von dort auf den Dogen hinabblicken zu können. Wer den Dogenpalast kennt, weiß, daß von dessen Innenhof nur Treppen zum Dogen hinauf führen. Für Friedrich wohl eine eher unangebrachte Symbolik, so daß er mit seinem Ausritt auf den Campanile die Dinge wieder in die richtigen Proportionen rückte.

San Giorgio Maggiore

Wer einen schönen Blick auf die Hauptinseln werfen möchte, dem sei der Turm von San Giorgio Maggiore empfohlen (Eintritt nur halb so viel, 4,- €), der ein paar hundert Meter weiter - jedoch auf einer anderen Insel - liegt.|


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