Bis kurz vor Aschermittwoch
Beste Zeit mit den meisten Masken und Kostümen zwischen Markusplatz und Rialto bis kurz vor Aschermittwoch.
Wann ist heuer Aschermittwoch?
Die Maske hat eine lange Tradition in Venedig. Hinter ihr konnte man sich der Illusion hingeben, für einige Zeit im Jahr eine andere Identität anzunehmen. Sie ermöglichte es auch den verarmten Adligen, auf der Straße unerkannt zu betteln.
Sie symbolisiert wie nichts Anderes die Doppelgesichtigkeit der Serenissima: man verbirgt sich und stellt sich doch gleichzeitig zur Schau.
Wie es dazu kam?
Ob als Casanova, Kurtisane oder Edeldame, die Venezianer feiern zehn Tage lang ihren carne vale (lat. Abschied vom Fleisch), seit Jahrhunderten in farbenprächtigen Kostümen mit Maske.
Geschichte ist im venezianischen Karneval, in seinen Kostümen, Zeremonien, Festen stets präsent. Wie in ganz Italien standen auch in Venedig antike Maskenfeste Pate bei der Entstehung des Karnevals, allen voran die heidnischen Saturnalien, die im ganzen römischen Imperium als Fest der Jahreswende mit allen attraktiven Möglichkeiten der Maskenorgie aufwarteten.
Da nimmt es kaum Wunder, dass die venezianischen Kurtisanen jahrhundertelang als die Königinnen ihres Gewerbes galten.
Trotz heftiger Gegnerschaft der Kirche feierten die Venezianer ihren Karneval seit dem Bestehen der Stadt. Er begann am 26. Dezember und endete am Aschermittwoch. Im Laufe der Jahrhunderte kam es zu zahlreichen, vom Senat ausgesprochenen Verboten, an die sich aber niemand wirklich halten mochte.
"viele Schamlosigkeiten"
Nein! Doch!! Ooooh!!!
Besonders bizzar mag uns heute die Verordnung von 1458 erscheinen, gegen Männer vorzugehen, die als Frauen maskiert zur Karnevalszeit in Nonnenklöster eindrangen, um dort "viele Schamlosigkeiten" zu treiben.
Heute mag man ob solcher Verhältnisse in sich hineinkichern, doch im historischen Kontext war Venedig ein veritabler Sündenpfuhl. Die Venezianer haben es einfach so richtig krachen lassen.
Es scheint, dass gerade in der Epoche der Verbote die Maske und die Verkleidungen besonders erstaunliche Fortschritte machten. Zu den ursprünglichen typischen Vermummungen wie wilder Mann, Teufel, Männer in der Gnaga, der Frauenmaske, verlarvte oder geschwärzte Gesichter, kamen im 16. Jh. phantastische Kostüme aus dem Reich der Mythologie in Mode.
Hinzu traten die vielen Fremden aus exotischen Ländern, die nur in Venedig in so großer Zahl anzutreffen waren. (Türken, Dalmatiner, Kreter, Albaner, Armenier, Mohren, Deutsche, Schweizer, dazu extravagante Berufe aus aller Welt, persische Seidenhändler, holländische Seeleute, arabische Karawanenführer ...)
Darüber hinaus hatten die Venezianer begonnen, die Maskenzeit auszudehnen. So begann im 17. Jahrhundert der eigentliche Karneval bereits im Oktober, nur für kurze Zeit zu Weihnachten unterbrochen, um dann am 26. Dezember nach alter Tradition offiziell eröffnet zu werden, aber nun keineswegs am Aschermittwoch ein endgültiges Ende zu finden.
Vielmehr flammte bei Jahresfesten, bei allen politischen Manifestationen, bei öffentlichen Amtseinführungen und bei Staatsbesuchen die Maskenzeit immer wieder auf. Im 18. Jahrhundert hatte sich diese Infiltration der Gesellschaft durch die Maske endgültig durchgesetzt, und das maskierte Venedig war zur Attraktion des vorindustriellen Tourismus geworden.
"Maske gehört zum Anzug" - damit ist präzise ausgedrückt, was den Besucher des 18. Jahrhunderts auf den Kanälen, den Campi, auf der Piazza und Piazetta, in den Calli Venedigs erwartete. Bei etwa 140.000 Einwohnern beherbergte die Stadt 1701 nicht weniger als 30.000 Fremde.
Dieser Luxustourismus verhalf dem Senat zu einer neuen Einnahmenquelle und gab ehemaligen Arsenalarbeitern und Seeleuten einen neuen Beruf. Als Napoleon 1797 Venedig eroberte, ging mit der Republik auch der Karneval unter.
Was blieb, hätte so überall stattfinden können:
Einige Maskenzüge, einige Schaustücke, ein paar Arien, maskierter lärmender Pöbel. Die Feste des Staates und der Gesellschaft, die Freiheit der maschera nobile, der Rausch, das Spiel - das alles war verflogen.
Ein Karnevalsbesucher des Jahres 1830 beschrieb die Lage der ehemaligen Herren Venedigs unter ihren neuen Herren - den Österreichern - so:
"In der Ecke eines Cafés sieht man einige Gestalten in moderner, aber völlig abgetragener Kleidung, durch düstere und verfallene Züge von den andern unterschieden. Es sind Nobili, fast die größten Namen des goldenen Buchs, völlig verarmt, zu hochmüthig, um zu arbeiten, kaum stolz genug um nicht zu betteln; der Kaiser giebt ihnen eine Unterstützung (täglich zwei Zwanziger), um ihrer Namen willen."
So heißt die typische venezianische Maske: Maschera nobile. Sie besteht aus einem Mantel von schwarzer Seide - dem Tabarro - einer Kappe, die den gesamten Kopf bis zu den Schultern bedeckt - der Bauta - einer weißen Wachsmaske vor dem Gesicht, die bis auf den Mund geht - der volto - und aus einem schwarzen Hut mit weißen Federn.
Seit 1756 war sie auch den Frauen erlaubt. Diese Maske machte alle Träger gleich. Als Anrede genügte "Sior Maschera" ("Herr Maske..."). Erst jetzt ist sie wieder erwacht, die Maskenzeit. Die moderne Signoria der Lagunenstadt - der Massentourismus - hat sie 1980 wieder erweckt und die ganze Stadt zur Bühne erklärt.