Flug des Engels Venedig

Giovedi Grasso

Altweiberfasnacht - der Donnerstag vor dem Rosenmontag.

Früher hat man einfach ein Dutzend Schweine vom Campanile geworfen.
Heute läßt man einen Engel herab.

Der Ursprung dieser Tradition liegt im Jahr 1162, als Venedig den mächtigen Patriarchen von Aquileia besiegte. Dabei war der Patriarch Ulrich mit 12 seiner Kanoniker gefangen genommen worden. Als Symbol der Unterwerfung hatten die Venezianer nicht ohne Anzüglichkeit im Austausch gegen die Gefangenen einen Jahrestribut von zwölf Schweinen und einem Bullen verlangt.

Die Tiere wurden seitdem in einem jährlichen Verhöhnungsfest feierlich zu Tode gebracht:
Vor Doge und Volk stürzte man die Schweine vom Markusturm, dem Bullen schlug man den Kopf ab. Das war der Höhepunkt des Karnevals.

Im 16. Jh. wurde dieses Fest erfreulich verfeinert: Statt der Schweine schwang sich ein Akrobat von einem Floß im Bacino di San Marco an einem Seil auf die Spitze des Campanile und ließ sich von dort quer über die Piazzetta auf die Dogenloggia im Palazzo herunter - "pfeilschnell", wie die Chronisten sagen - und überreichte dem Dogen einen Blumenstrauß.
Nach dem ersten dieser Akrobaten, einem Türken, hieß dieser Teil des Festes seitdem Volo del Turco, der Flug des Türken, auch wenn dieser schon im 16. Jahrhundert ein festes Privileg der arsenalotti, der Werftarbeiter Venedigs wurde.

Der Giovedi Grasso endete mit einem prächtigen Feuerwerk auf Holztürmen, Relikte der Erinnerung an die eroberten Kastelle von Friaul. Dieser Volo wurde im Laufe der Zeit immer mehr verwässert, und so spannte man das Seil nur mehr zwischen Campanile und Dogenloggia. Letztendlich begnügte man sich damit, ganz einen unverfänglichen Engel vom Campanile abzuseilen.


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